Montag, 25. Oktober 2010

Technik: LEDs - die Zukunft des Lichts

Während LED-Lampen in Deutschland erst gerade in die Boomphase eintreten, sind sie in Japan schon so etwas wie die Standardlösung geworden. In einem am Sonnabend in der WELT veröffentlichten Artikel beschreibe ich den Stand der Entwicklung in Japan. 
Man könnte ihn vielleicht so überschreiben: "Hilfe, Ufos im Haus!"



Die Erleuchtung im Lampengeschäft kommt aus Japan und sieht aus wie eine fliegende Untertasse. Nur 43 Millimeter ist die 60 Zentimeter Scheibe an der dicksten Stelle dick, die der japanische Elektronikkonzern Sharp seit Mitte September in Japan als Deckenleuchte verkauft. Und sie beherrscht Tricks, die bisherige Lampen alt aussehen lassen.


Per Fernbedienung lässt sich nicht nur die Helligkeit verändern, sondern gleichzeitig der Farbton des Lichts an die eigene Stimmung anpassen. Hell und weiß zum Studieren, dunkel und rötlich zum Rotwein-Dinner, kein Problem. Überdies passt die Lampe Lichtton wie Helligkeit automatisch an das Umgebungslicht an und dimmt das Licht augenschonend sachte ein und aus. Wie aufmerksam!
Mehr hier ...

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Revolution in Japans Luftfahrtindustrie: Haneda öffnet vierte Startbahn

Tokios Stadtflughafen Haneda eröffnet eine vierte Landebahn, durch die der Flughafen langfristig zum internationalen Drehkreuz werden könnte. Denn ein Großteil der neuen Slots wird an internationale Flugverbindungen vergeben. Der A380 ist schon mal zur Probe gelandet.

Damit beginnt eine Verschiebung in der japanischen Luftfahrtindustrie. Bislang ist der auf einer künstlichen Insel in der Tokio Bucht angesiedelte Flughafen fast ausschliesslich auf den Binnenverkehr ausgerichtet, während der internationale Verkehr über den 80 Kilometer von Tokio entfernt liegenden Flughafen Narita abgewickelt wird. Die Regierung will sie irgendwie zusammen als Hub vermarkten, aber es gibt keine schnelle Verbindung zwischen beiden Flughäfen. 

* Allerdings hat Haneda einige Schönheitsfehler: Ok, als einer der wenigen Flughäfen hat Haneda vier Landebahnen.  Aber das Layout ist so verrückt (siehe Bild), dass sich die Flieger kreuzen. Fluglotsen warnen jedenfalls. Außerdem sind weite des Teile des Luftraums für Flieger gesperrt, nämlich das Zentrum Tokios und der US-Stützpunkt Yokosuka. 

News: Sintflut auf Amami, Magnetschwebebahn lässt JR Central-Aktie abstürzen, Toshiba überrascht, Bald Atomtest in Nordkorea?, ,

Die News, sporadisch, * subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


Vorspiel für das Klima der Zukunft
800 ml Niederschlag in drei Tagen, Blitzhochwasser, zig Erdrutsche, verschüttete Straßen, zerstörte Häuser, zwei Tote, tausende Bewohner evakuiert. Vielerorts funktionieren weder Handys noch Festnetztelefone. Die Insel Amami, die zur Präfektur Kagoshima gehört, erlebt eine Sintflut. Gleich dreimal erlebten die Insulaner Regengüsse mit mehr als 120 ml Niederschlag in nur einer Stunde. Bis morgen abend werde weitere 180 ml erwartet.
* Auch auf die Gefahr hin, defätistisch zu klingen. Die könnte ein Vorspiel auf das Klima sein, das uns künftig erwartet. Durch die Erderwärmung wird es mehr extreme Phänomene geben. Besonders hart wird es Bewohner in Risikozonen treffen, in Bergtälern und so weiter. 
Ich frage mich, ob die Gesellschaften bei einer Häufung dieser Unwetter (und Dürren) noch die Kraft aufbringen, die betroffenen Gegenden wieder aufzubauen. Wahrscheinlicher scheint mir zu sein, dass immer mehr Ortschaften aufgegeben werden. Die Welt wird nicht mehr so sein wie wir sie kennen. 


Kostenexplosion?JR Central-Aktie sackt ab

Schon in Deutschland wurde der Traum von der Magnetschwebebahn zum Albtraum. Nun scheint sich das Drama in Japan zu wiederholen. Weil sich das Mammutvorhaben nach einer Regierungschätzung zu verteuern droht, stürzte heute stürzte der Aktienkurs der Bahngesellschaft JR Central drastisch ab. Das Transportministerium hatte am Mittwoch geschätzt, dass die Baukosten für die Strecke Tokio-Nagoya bis zur Fertigstellung im Jahr 2027 auf 5500 Mrd. Yen (48 Mrd. Euro) steigen sollen. Die Bahngesellschaft hat bisher mit 5100 Mrd. Yen kalkuliert. 
* Die große Frage ist, wie es jetzt weiter geht. Ein Regierungsausschuss hatte gestern die Streckenführung abgenickt. Eigentlich sollte die Planung bald beginnen, um im kommenden Jahrzehnt den Betrieb aufzunehmen zu können.

Halbjahresbilanz: Toshiba überrascht mit Gewinnsprung
Toshiba hat heute angekündigt, die Gewinnvorhersage für das Ende September abgelaufene Bilanzhalbjahr um mehr als 100 Prozent übertroffen zu haben. Als Gründe nannte das Unternehmen den LCD und Chip-Absatz. Die reguläre Vorstellung der Bilanz folgt naechste oder uebernaechste Woche, hab das Datum gerade nicht im Kopf

Japans Regierung startet Diskussion für Deregulierung
Ein Regierungsausschuss hat heute eine Liste von 40 Bereichen vorgelegt, die dereguliert werden sollen. Die Idee ist, mehr ausländische Firmen anzuziehen und die Wirtschaft zu beleben.  Bis Ende des Jahres sollen die Oberrubriken mit konkreten Vorschlägen gefüllt werden.


NORDKOREA
Bereitet NK dritten Atomtest vor?
Nach Medienberichten ist an Atomtestanlagen NKs hektische Betriebsamkeit ausgebrochen. Experten spekulieren, dass das Regime von Kim Jong-il einen dritten Atomtest vorbereiten könnte.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

News: Mazda stellt Motoren der Unabhängigkeit vor, JAL will mehr Geld, Japan bilateral Regenwald retten

Die News, sporadisch, subjetiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Mazda setzt auf den Alleingang
(Mehr technisches dazu auf TechWatcher-Asia.com, meinem neuen Versuchsballon im Internet)

Als weiteren Schritt in die endgültige Unabhängigkeit von Ford hat der japanische Autohersteller Mazda heute zwei neue saubere Motoren vorgestellt. Mazda-Chef Takashi Yamanouchi lehnte zwar jeden Kommentar zu den Berichten ab, dass Ford seinen Anteil an seinem langjährigen Partner von 11 auf 3 Prozent senken wolle. Aber indirekt deutete er an, dass sich die Wege getrennt haben. Die unter dem Projektnamen "Skyactiv" entwickelten Techniken bezeichnete er "als Ermöglicher" für ein eigenständiges Überleben des Unternehmens. Man suche keine neuen Allianzen.
Die Motoren stellen dabei das Kernstück der Überlebensstrategie dar. Mazda hat einen Benziner mit der höchsten Kompression in einem Massenauto und einen Diesel mit der niedrigsten Kompression entwickelt, um seinen Motoren weiter den Durst auszutreiben. "Ich bin sicher, dass sie der neue Benchmark der Motorentwicklung werden", trumpfte gänzlich unjapanisch unbescheiden Mazdas Entwicklungschef Seita Kanai auf. Der Benziner soll den Verbrauch des neuen Demio (Mazda2) auf 3,3 Liter pro 100 km senken und so mit Hybridmodellen der Konkurrenz mithalten können.
In der Firma selbst geht allerdings die Angst um, dass die Öffentlichkeit die Fortschritte nicht wahrnehmen könnte. "Wir fühlen uns alleingelassen", gesteht ein Manager, im doppelten Sinne. Denn erstens dominieren andere Hersteller die Schlagzeilen mit Elektro- und Hybridautos, die das finanzschwache Unternehmen derzeit aus eigener Kraft nicht entwickeln kann. "Außerdem setzen wir nicht wie die deutschen Hersteller auf kleinere, mit Turboladern aufgerüstete Motoren", so der Manager. Mazda verbessert hingegen die Verbrennungstechnik, um ohne den teuren Turbocharger mehr kraft bei niedrigeren Drehzahlen aus dem Sprit zu ziehen.
Dazu: neue Plattform, die 100 kg leichter ist.
insgesamt will Mazda so den Verbrauch seiner Autos bis 2015 um 30 Prozent senken. 
Plus: Revolution in der Produktionstechnik: Das Unternehmen wird alle Motoren auf der gleichen Produktionslinie fertigen können und so die Investitionen senken.


JAL: Pleiteflieger peilt Kapitalerhöhung an
JAL will von den Banken zusätzlich zu 350 Mrd. Yen des Staates 50 Mrd. Yen von den Banken einwerben, sagte heute JAL Chairman Inamori.


COP 10: Japan plant bilateralen Urwaldschutz
Japan will Entwicklungsländern anbieten, durch bilaterale Verträge Wälder zu schützen. 

Tech-Blog: Nordkoreas Internet-Drive

Auf Technology Review erscheint heute mein wöchentliches Blog über die erste Homepage der nordkoreanischen Nachrichtenagentur (KCNA). Der Beitrag wird gegen neun Uhr morgens deutscher Zeit online gestellt.
Eine andere Fassung gibt es auf meinem neuen Testballon, dem TechWatcher Asia (techwatcher-asia.com). Die Seite ist noch im experimentellen Aufbau.

Montag, 18. Oktober 2010

Hoffnungsschimmer für Artenschutz

Was soll man dazu sagen? Selbst Umweltschützer lassen sich manchmal mitreissen wie heute bei der Eröffnung der Konvention für die biologische Vielfalt in Nagoya:


Hoffnungsschimmer für den Artenschutz

Die wichtigste Artenschutzkonferenz der Welt hat in Japan unerwartet mit einem Hoffnungsschimmer begonnen. „Die Stimmung ist wunderbar“, berichtet Günter Mitlacher, Leiter des Bereichs Biologische Vielfalt beim WWF Deutschland, in Nagoya von der Konvention für biologische Vielfalt (COP-10). 

Die Delegierten aus 192 Nationen, die sich bis zum 29. Oktober auf einen Fahrplan für den Artenschutz einigen wollen, sind offenbar nach Jahren zäher Diskussionen an einem Erfolg interessiert. „Es ist Zeit, sich zu einigen“, zitiert Mitlacher einen Delegationsleiter. Selbst in den Arbeitsgruppen sei man noch guter Dinger, das man es schaffen werde, sagt Mitlacher.

So viel Zuversicht aus dem Mund eines Naturschützers ist überraschend. Denn bislang sind die Vorstöße zum Artenschutz gescheitert, weiß auch Mitlacher. Ursprünglich wollte die Staatengemeinschaft bis 2010, dem Jahr der Artenvielfalt, das Tempo des Artensterbens deutlich verringern. Aber die Finanzkrise hat die Welt weiter zurückgeworfen. „Für die Rettung der Weltwirtschaft wurden in kürzester Zeit Milliarden mobilisiert“, klagte im Vorfeld der Konferenz Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Doch bei Maßnahmen gegen den Biodiversitätsverlust und den Klimawandel wird zäh gerungen.“

Zudem befürchteten viele Umweltschutzorganisationen, dass man mit der Walfangnation Japan den Bock zum Gärtner gemacht hätte. Doch inzwischen haben selbst viele Skeptiker den Eindruck, dass Japans Regierung die COP-10-Tagung wie schon vor 15 Jahren das Kioto-Protokoll zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen zu einer Art Erfolg zu führen. „Die Japaner haben bemerkt, dass in dem Thema politisch sehr viel Musik drin ist und sie sich ein Scheitern wie das der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen nicht erlauben können“, sagt Mitlacher.

Nur ist der Wille allein kein Garant für den Erfolg. Denn die Hürden liegen hoch und die Zeit drängt. Das Ziel ist nichts weniger, als für die Zeit bis 2020 einen Rettungsplan für die Umwelt mit konkreten und verbindlichen Maßnahmen festzulegen. Denn bereits heute sind nach Angaben der Weltnaturschutzunion mehr als ein Drittel der 47677 erfassten Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht.

Die Forderungen der Umweltschützer sind dementsprechend hoch. Der BUND fordert ein Ende der auf „kurzfristige Gewinne angelegten Naturausbeutung“. 20 Prozent der Erdoberfläche sollte demnach mit einem Netz aus Schutzgebieten überzogen werden, damit Fauna und Flora sich wieder erholen können.

Doch der Teufel steckt in den Details. Und von denen gibt es auf dieser Konferenz sehr viele. Es geht nicht um Geld und Schutzgebiete, sondern auch um die Verwertung von Patenten, die sich westliche Pharmakonzerne gerne für Medikamente, die auf Genen von Pflanzen und Tieren beruhen, sichern würden. Biopiraterie lautet der Vorwurf. Ohne ein Entgegenkommen der Industrieländer werden die Entwicklungsländer einem Rettungsplan kaum zu stimmen, sind Naturschützer überzeugt. 

Fotostory: Koi - Schwimmende Juwelen

In der Welt am Sonntag ist meine Reportage über die "schwimmende Juwelen" erschienen. Das Blog bietet ein paar Bilder dazu, wer direkt zur Geschichte will, klicke bitte hier ... 
Schwimmende Juwelen: Ojiya und Yamakoshi, zwei Nachbarflecken in der Präfektur Ojiya, sind das Mekka der globalen Zierkarpfenzucht (korrekte Bezeichnung Nishikigoi, im Volksmund oft auch schlicht Koi). Liebhaber bezeichnen sie als "schwimmende Juwelen": Rund 500000 Euro hat das teuerste Exemplar gekostet.


Karpfen überall: In Japan sind Gullideckel nicht nur Gullideckel, sondern ein Statement der jeweiligen Gemeinde. Sie zeigen die Stadtblume der Stadt oder die Sehenswürdigkeit der Ortschaft. In Ojiya sind es Nishikigoi.

Der Züchter: Hajime Isa ist der bekannteste Züchter. Im Jahr 2009 gewann einer seiner Koi den begehrten Großmeisterpreis. Isa ist auch Vorsitzender des International Nishikigoi Promotion Center, das so etwas wie die Außenhandelsvertretung der Koi-Züchter Niigatas ist.

Koi im Aquarium: Der Koi-Züchter Hajime Isa hebt den wertvollsten Koi in seinem "Schaufenster", einem von vier Betonbecken in einer Art Gewächshaus, an die Wasseroberfläche. 4400 Euro soll dieser Fisch kosten. Die besten Kunstwerke der Natur verkauft Isa für etwa 250000 Euro.

Lebende Kunst für jedermann: "Koi sind eine lebende Kunstform", beschreibt James Kinney, Vorsitzender des "Aloha Koi-Liebhaberverbands Hawaii die Faszination, die die Fische auf Menschen ausüben. Und er ist der lebende Beweis, dass Koi nicht nur Superreiche erfreuen können. Er selbst ist einfacher Polizei-Sergeant auf Hawaii.

Eine Koi-Farm: Zig Koi-Farmen kleben an den Berghängen von Yamakoshi.  

Koi-Auswahl: Ein Koi-Züchter in Yamakoshi sortiert die frisch aus den Teichen gefischten Koi nach ihrem Wert in Beton-Aquarien. Aber nur die besten Fisch schaffen es überhaupt so weit. Wie in der Natur ist die Auslese rigoros. Von allen Baby-Koi erreicht nur ein Bruchteil das Erwachsenenalter, nur das eben nicht die Natur blind ihre Auslese trifft, sondern der sehende Mensch.

Der Ursprung der Koi: Die ersten Koi wurden vielleicht hier in den Bergen von Yamakoshi in einer der vielen Reisterassenfelder gezüchtet. Die Bauern hielten die Fische als tierische Eiweißquelle für die langen Winter. Dies ist der Blick von der Maruju Fischfarm.

Koi Dance: Die Baby-Karpfen schwärmen zu tausenden im Zuchtbecken umher und malen mit ihren Körpern Muster ins Wasser.

Koi-Händler auf Koi-Suche: Jeroen Van Keulen, einer der größten Koi-Händler aus Europa, sucht sich bei Hajime Isa Fisch aus. Van Keulens bisher teuerster Fisch hat 12000 Euro gekostet. Die richtig teuren Koi sind offenbar in Europa schwer verkäuflich. 

Der Helfer: Internetunternehmer Yoshi Takada, Gründer des International Koi Promotion Center, hilft den Züchtern Niigatas neue Märkte zu erschließen. Seine neueste Idee: Urushi-Souvenirs für Koi-Liebhaber und Touristen, die sich keinen lebenden Koi leisten können oder wollen.


Auto-Gerüchte: Ford liebäugelt mit Verkauf von Mazda-Aktien

Es käme nicht wirklich überraschend, schreibe ich im "Standard": Nach japanischen Medienberichten plant seinen Aktienanteil an seinem langjährigem Partner Mazda drastisch von elf auf drei Prozent zu senken. Als Käufer sollen die Finanzgruppe Sumitomo Mitsui, das Handelshaus Sumitomo sowie Mazda-Zulieferer bereit stehen. Zwar erklären Ford und Mazda bisher, es habe keine Veränderung der Aktienanteile gegeben. Experten rechnen aber damit, dass sich Mazda nun nach einem neuen Partner umsehen muss.


Fords Aktienverkauf würde de facto das Ende einer der längsten und fruchtbarsten internationalen Partnerschaften in der Autoindustrie besiegeln. Ford stieg 1979 in Mazda ein und profitierte immens vom Produktionsknowhow der Japaner bei Kleinwagen und Limousinen. So wird der neue Ford Fiesta auf der Plattform des Mazda 2  und die Mittelklasselimousine Ford Fusion auf der Basis des Mazda6 gebaut. Zudem rollt in Thailand gemeinsames Pickup-Modell in einem Gemeinschaftwerk vom Band.


Auch personell sind die Unternehmen eng verbunden. 1996 stockte Ford seinen Anteil an den Japanern von 25 auf 33,4 Prozent auf, um Mazda zu sanieren. Danach diente Mazda den Amerikanern fast ein Jahrzehnt als Trainingsbecken für seine künftigen Konzernvorstände. So leiteten Fords Amerika-Chef Mark Fields und der Finanzchef Lewis Booth Mazda mehrere Jahre.


Doch nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 musste Ford wegen Finanzproblemen seinen Aktienpaket bereits drastisch auf 18 Prozent reduzieren. Kapitalerweiterungen Mazdas reduzierten Fords Anteil weiter.


Damit einher ging auch eine Entflechtung der technischen Zusammenarbeit. Ihre Finanzierungsgesellschaften haben beide Unternehmen bereits getrennt. Ende letzten Jahres deutete Ford zudem an, dass neue Modelle ohne Mazdas Beistand bauen zu wollen. Nun wollen die beiden Partner ihr gemeinsames chinesisches Joint-Venture mit Chonqing Changan Automobile in zwei bilatere, ein chinesisch-japanisches und chinesisch-amerikanisches, aufspalten und im größten Automarkt der Welt künftig direkt gegeneinander antreten.


Die Trennung auf Raten stellt vor allem Mazda vor die Herausforderung, einen neuen Partner zu finden. Denn mit einem globalen Umsatz von nur 1,2 Millionen Autos und zuletzt zwei verlustreichen Jahren gilt das Unternehmen als zu klein und zu unprofitabel, um auf sich allein gestellt im Weltmarkt überleben zu können.
Besonders bei neuen Antriebskonzepten wie Hybrid- und Elektroantrieben ist das Unternehmen auf Hilfe angewiesen. Die Technik für Hybridautos, die sowohl einen Benzin- als auch einen Elektromotor haben, bezieht Mazda von Toyota. Aber ein neuer globaler Entwicklungspartner ist nicht in Sicht.


Ich frage mich allerdings, was die Japaner noch zu bieten haben. Der RX 8 mit seinem wahnsinnigen Wankelmotor ist zwar ein technisches Juwel, aber so richtig große Zukunft hat der Drehkolben eher nicht. Bei Brennstoffzellen hat Mazda einiges an Knowhow. Aber im Gegensatz zu dem ebenfalls kleinen Hersteller Mitsubishi Motors, der sich als eAuto-Lieferant von Peugeot und Citroen profiliert, steht das Unternehmen in viel gehypten eMobility ziemlich nackt da.

Freitag, 15. Oktober 2010

Reportage: Koi - schwimmende Juwelen

An diesem Wochenende bringt die "Welt am Sonntag" meine Reportage über japanische Zierkarpfen, die Nishikigoi (oft auch nur Koi genannt). 
Der teuersten Exemplare sollen bereits für 60 Millionen Yen, also über 500.000 Euro, den Besitzer gewechselt haben. 
Der Bericht beruht auf einem Besuch der Züchter im Mekka der Koi-Industrie, in Ojiya und Yamakoshi, zwei Nachbardörfern in der Präfektur Niigata, sowie weiteren Interviews mit absoluten Koi-Insidern in Tokio.
Ein Koi-Fan fasste die Faszination der Fische prägnant zusammen: "Koi sind eine lebende Kunstform."
Es stimmt. Doch dem ist noch einiges hinzuzufügen. 

Roboter: Interview mit iRobot-Chef Colin Angle - "Mensch wird zum Cyberwesen"

iRobot ist der vielleicht größte Hersteller von Servicerobotern der Welt. Berühmt ist das Unternehmen für den Roboterstaubsauger Roomba. Warum seine Firma nicht nur Haushaltshelfer, sondern auch Kampfroboter baut und wie wir immer mehr Technik in uns einbauen werden, erzählte iRobot-Chef Colin Angle in Tokio. 
Das Ergebnis wurde in der österreichischen Tageszeitung Der Standard veröffentlicht. Mehr hier :.. .


Angle hat noch jede Menge mehr erzählt. Besonders interessant fand ich seinen Ärger über humanoide Roboter, auf die Japans Forscher so versessen sind. Der Fokus auf Humanoide habe die Roboterentwicklung 15 Jahren kostet, schimpfte Angle. 
Ich kann es nachvollziehen. Und die japanischen Unternehmen endlich auch. Panasonics Roboter sehen aus wie Klimaanlagen, Betten oder Schränke (zum Medizin sortieren im Krankenhaus). Zu Panasonics Ehrenrettung muss gesagt werden, dass der Konzern meines Wissen nicht einen Yen in die Entwicklung von humanoiden Robotern gesteckt hat, weil das Management für die momentan kein Potenzial sieht. 
Doch selbst der Roboterpionier Honda lässt nicht mehr nur seinen Zweibeiner Asimo schaulaufen, sondern hat vor einiger Zeit ein Robotereinrad vorgestellt, das seinen "Besitzer" ausbalanciert und dank omnidirektionalem Rad in alle Richtungen transportieren kann.
Wer noch mal meine persönliche Roboter-Timeline lesen möchte (Das Roboter-Manifest), klicke bitte hier... .

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Tech-Blog: Leben mit Beben

In meinem heutigen Tech-Blog auf Technology Review setze ich mich mit der Erdbeben-Propaganda und dem Umgang mit der ständigen Erdbebengefahr auseinander. 


Erdbeben-Propaganda: Japans Gebäude sind so erdbebensicher wie die Häuser in keinem anderen Land der Welt. Doch statt uns Tokioter zu beruhigen, werden wir immer wieder an die Gefahr eines Mega-Bebens erinnert.
mehr hier ...


Ich berichte dort auch ein wenig über die immer wieder von mir gern zitierten amtlichen Horrorszenarien eines starken Bebens in Tokio, die aber noch immer schön gerechnet sind. Denn sie basieren nur auf einer Stärke von 7,3 auf der Richter-Skala. Das große Kanto-Beben war hingegen ein Rumser der Klasse 8. 


Offiziell hieß die Begründung damals, dass Klasse-8-Beben nur alle 200 bis 300 Jahre Tokio treffen würden und als nächstes nur ein Beben der 7er-Klasse drohte. Aber inoffiziell habe ich auch eine andere Begründung gehört, die ich im Blog schildere.


Ganz oben auf meiner Prioritätenliste der Erdbebenvorbeugung übrigens steht: das tägliche Gebet, wenn das Mega-Beben kommt, ganz weit weg zu sein.

Technik: Nissan und Mitsubishi mit eAuto-Vorstoß, Toyotas Rückrufdebakel, Sony mit PS3-Problemen




eAuto: Nissan und Mitsubishi drücken bei eAutos aufs "Gas"

Nissan und der ehemalige Daimler-Partner Mitsubishi Motor drängen verstärkt in die Nische für eAutos. Nissan- und Renault-Chef Carlos Ghosn kündete in China an, seinem chinesischen Joint-Venture-Partner unbegrenzten Zugang zu Nissans eAuto-Technik zu gewähren. 


Und Mitsubishi nimmt nach dem Produktionstart von eAutos für Privatkunden, die auch an Peugeout und Citroen geliefert werden, nun Geschäftskunden aufs Korn. Ab Ende 2011 will das Unternehmen die Massenproduktion von elektrischen Minilastern starten, sagte heute Unternehmenschef Osamu Masuko. Als erstes Ziel peilt das Unternehmen eine Jahresproduktion von 10000 Autos an.
Die Vorstöße der beiden Pioniere unterstreichen wie ernst es die beiden Unternehmen eAutos nehmen. Es ist ein gewagtes Spiel. Besonders bei Mitsubishi hängt das Überleben des Unternehmens von einem Erfolg seiner eAutos ab. 



Toyotas Rückrufdebakel: Zulieferer schlampten bei Materialprüfungen
Nach Toyotas internen Untersuchungen haben einige Zulieferer nicht die von Toyota erwarteten Testzyklen für Produkte eingehalten. Statt vier mal pro Jahr wurde in einigen Fällen nur einmal getestet. Es habe Missverständnisse gegeben, verriet ein Toyota-Manager Medien. Probleme hätten vielleicht vermieden werden können. 



Sonys Videospiel Gran Tourismo 5 soll sich verzögern
Dies meldet wenigstens Bloomberg. Das Spiel gilt als Blockbuster mit dem Potenzial, die Verkäufe der PS3 zu beflügeln. Allerdings sagt Sony, dass das Gerät noch vor Weihnachten herauskommen soll.

Wirtschaft: Dollar durchbricht die 82-Yen-Grenze

Der US-Dollar ist heute auf 81,14 Yen abgesackt. Der historische Tiefstand von 79,75 Yen aus dem Jahr 1995 ist damit in greifbare Nähe gerückt. Doch bisher bleibt eine zweite Devisenintervention des japanischen Finanzministeriums aus. Sie würde isoliert auch nicht viel bringen, sagen die Experten.

Japans Exportunternehmen sehen damit schweren Zeiten entgegen. Denn sie haben ihre Geschäftspläne auf einem weit schwächeren Yen-Kurs aufgebaut. In vielen Fällen rechnen sich zum jetzigen Kurs Exporte sogar nicht mehr. 

Wie blank die Nerven liegen hat gestern Finanzminister Yoshihiko Noda demonstriert. Offen attackierte er die Weichwährungspolitik Chinas und neuerdings auch Südkoreas. Die südkoreanische Regierung reagierte empört und beschwerte sich heute. Doch gleichzeitig hob die Notenbank zum dritten Monat in Folge die Zinsen nicht an, wodurch der Aufwärtungsdruck auf die Landeswährung, den Won, abnimmt. 

Japans Firmen klagen, dass sie durch den hohen Yen zu einer Verlagerung von Fabriken gezwungen werden würden. Aber ehrlich gesagt ist das nur die halbe Wahrheit. Sie bauen schon seit Jahren vernünftigerweise neue Fabriken und neuerdings sogar Forschungszentren fast nur noch im Ausland auf. Dort ist das Wachstum. Mit Japan geht es hingegen tendenziell bergab, der alternden Gesellschaft und Verschuldung sei dank. Ein schwächerer Yen würde den Trend nur verlangsamen, nicht stoppen. 

Was Japan braucht, sind Reformen der politischen und wirtschaftlichen Strukturen sowie des Denkens seiner Bürger und Unternehmen. Bis heute sind selbst Großkonzerne kaum internationalisiert. 


Mittwoch, 13. Oktober 2010

Nordkorea: Kim gegen Kim

China stellt sich vor ältesten Kim-Sohn

Nach Medienberichten soll China Nordkorea vor Angriffen auf Kim Jong-ils ältesten Sohn Jong-nam gewarnt haben, der derzeit in China lebt. Nordkoreas Thronfolger Jong-un wollte demnach versuchen, seinem medienaflilen und redseligen Halbbruder das Maul zu stopfen. 

Ein nettes Gerücht. Und es passt wunderbar zu Jong-nams jüngstem Interview mit einem japanischen TV-Sender, in der er sich offen gegen eine dynastische Thronfolge aussprach.


Ein Artikelchen zu dem Interview steht heute in der FTD. 


Es ist nicht der erste Ausfall von Jong-nam. Der Lebemann der Familie hatte seinem Vater bereits die Erbfolge verhagelt. 2001 wurde in Japan 2001 verhaftet, als er mit gefälschten Pässen nach Japan einzureisen versuchte. Kim wollte mit seiner Familie Disney-Land besuchen. Damit war er als potenzieller Nachfolger weg vom Fenster.


Gut für uns Journalisten. Ironisch gesehen können wir uns keinen jovialeren Diktatorsohn als Jong-nam wünschen. Er lehnt zwar generell freundlich Interview-Anfragen per Email ab. Dafür lässt sich der pausbäckige 39-jährige im Ausland um so bereitwilliger ad hoc von Reportern auf der Straße interviewen, besonders wenn er dabei in japanische TV-Fernsehkameras lachen kann.


Kim gegen Kim 


Kim Jong-ils ältester Sohn lehnt die Erbfolge in Nordkorea ab, grundsätzlich zumindest



Auch ein Nordkoreaner kann eine eigene Meinung vertreten. Jedenfalls dann, wenn er der Sohn des Diktators Kim Jong-il ist und sich darüber ärgert, ausgebootet worden zu sein.
Der älteste Spross des Herrschers, Kim Jong-nam, kritisierte erstmals offen und unverblümt die Erbfolge in der herrschenden Familie: „Persönlich bin ich gegen eine dynastische Thronfolge in der dritten Generation“, sagte er dem japanischen Privatsender TV Asahi in einem bereits am 9. Oktober aufgezeichneten Interview. Aber so richtig dagegen ist er dann auch wieder nicht, denn er fügt hinzu: „Ich denke, es gab interne Gründe. Ich denke, wir sollten daran festhalten, wenn interne Gründe involviert waren.“
Das Interview gab der Sohn pünktlich zu dem Zeitpunkt, als der Vater seinen jüngeren Halbbruder Kim Jong-un als Nachfolger in Position brachte. Vergangenes Wochenende ernannte er ihn zum General und führte ihn auf seiner erste Militärparade, die live in Nordkoreas TV übertragen wurde, der Öffentlichkeit vor.
Gegen die Erbfolge dürfte Kim Jong-nam vor allem deshalb sein, weil er selbst in Ungnade gefallen ist. Er wurde als Thronfolger abgesetzt, nachdem er sich 2001 dabei erwischen ließ, wie er mit einem gefälschten Pass nach Japan einreiste. Er wollte mit seiner Familie Disneyland anschauen – eine für einen Kommunistenspross unziemliche Freizeitbeschäftigung.
Nach dem tiefen Fall sonnt sich Kim Jung-nam umso mehr im Scheinwerferlicht. 2009 widersprach er in einem Interview mit TV Tokyo aus der Kasinostadt Macao Medienberichten, er sei aus Nordkorea nach China ins Exil geflohen. Er genoss den Auftritt sichtlich und lachte jovial in die Kamera.
Kim Jong-nam kam 1971 als das uneheliche Kind von Kim Senior mit der Schauspielerin Song Hye-rim auf die Welt. Erst spät bekannte sich sein Vater zu ihm. Lange wurde der als IT-Experte verschriene Spross der Diktatorenfamilie, der sich gern modisch kleidet, als möglicher Nachfolger gehandelt. Doch seit dem missglückten Japan-Ausflug ist er nicht mehr Papas Liebling. Kim, der Jüngere, musste nun zum Diktator aufgebaut werden. Der Vater ist Gerüchten zufolge krank.
Aber Kim Jong-nams Reise- und Redelust hat die Abwertung nicht gebremst. Innenpolitisch dürfte sein Geplapper deshalb nicht mehr so entscheidend sein. De facto lebt er in Peking und Macao. Allerdings beweist sein Beispiel eines: Die Führung in Nordkorea ist nicht aus einem Guss. Auch dort wird diskutiert.

Wirtschaft: Überraschung - Auftragseingänge explodieren

Die überraschende Erholung der Auftragseingänge für Maschinen lindert Japans Rezessionsängste. Die Regierung und Volkswirte verbesserten ihre Konjunkturbewertung leicht, nachdem die Order im August um 11,2 Prozent über das Niveau vom Juli gestiegen sind. Ökonomen hatten erwartet, dass die Order um 3,9 Prozent sinken würden. Die Wirtschaft würde nun wahrscheinlich nicht mehr in die Rezession zurückfallen, sondern bis ins nächste Jahr im leicht positiven Bereich dahin dümpeln, sagen Volkswirte voraus.
Ein großes Risiko ist allerdings der Yen-Kurs. Zwar deuten die Zahlen daraufhin, dass Japans Firmen ihre Anlageinvestitionen erhöhen, um alte Anlagen zu ersetzen. Aber schon im August sanken die Bestellungen aus dem Ausland. Denn Japans Exportindustrie verliert durch den Höhenflug des Yen gegenüber ihren Rivalen aus Südkorea und Europa, deren Währungen schwach tendieren, an Wettbewerbsfähigkeit.

Dienstag, 12. Oktober 2010

Wirtschaft: Konsumenten vergeht die Kauflust

Während Deutschland offenbar im Stimmungshoch schwelgt, ist hier in Japan von Aufschwungseuphorie nicht mehr allzu viel zu spüren. 



Das Verbrauchervertrauen, ein wichtiger Indikator für die Konsumbereitschaft, ist im August zum dritten Mal auf nun mehr 41,2 Punkte gefallen. Ein Wert unter 50 bedeutet, dass sich die Stimmung der Mehrheit aller Befragten verschlechtert hat.

Ich kann es gut verstehen. Denn nicht nur liegt die Arbeitslosenrate noch über 5 Prozent. Vor allem ist das Leben derzeit selbst für Japaner richtig teuer geworden, auch wenn offiziell Deflation, also fallende Preise, gemeldet werden. Das Problem: Die Deflationsrate wird ohne leicht verderbliche Lebensmittel berechnet. Und Obst wie Gemüse rangieren meinem Eindruck nach 25 bis 200 Prozent über den Preisen vom Vorjahr. 

Ein Viertel Weisskohl gibt es für umgerechnet 1,10 bis 1,40 Euro. Tomaten, zwei mittelgroße, habe ich heute für 398 Yen, also 3,60 Euro gesehen. 300 Yen pro Pfirsich scheint dieses Jahr normal zu sein. Zum Glück werden einige Preise wieder normaler. 

Dahinter steckt wohl eine schlechte Ernte. Doch auch nach einer Normalisierung der Obst- und Gemüsepreise halten Ökonomen eine deutliche Verbesserung für unwahrscheinlich. Denn die Regierung hat weder auslaufende Subventionen für den Kauf von Benzin sparenden Autos und energieeffizienten TVs und Haushaltsgeräten nicht verlängert hat, noch in ihrem geplanten 5000 Mrd. Yen teuren Konjunkturprogramm große Geldgeschenke an die Japaner eingestellt. 

Die Folgen der Stimmungsverschlechterung schlagen bereits deutlich in der Binnenwirtschaft durch. So sackte die am vorigen Freitag veröffentlichte „Economy Watchers Survey“, die Lagebeurteilung durch Taxi-Fahrer, Wirte und Krämer, im September zum zweiten Mal in Folge recht stark um 3,9 Punkte auf nur noch 41,2 Punkte ab. Was Wunder.

Damit droht Japans Erholung in der zweiten Jahreshälfte abzuebben. Denn der Exportindustrie, die bisher Japans Wachstum angetrieben hat, erwartet wegen der fortgesetzten Höhenflug des Yen gegenüber dem US-Dollar bereits eine schwere Eintrübung ihres Geschäfts. Selbst die Wirkung der größten Währungsintervention der Geschichte vor drei Wochen ist bereits verpufft. Heute stieg der Yen auf einen neues 15-Jahreshoch.

Auch von der Geldpolitik ist kurzfristig keine Hilfe zu erwarten. Die Bank von Japan hat zwar kürzlich die Zinsen auf Null gesenkt und die Geldpolitik durch die Auflage eines Fonds zum Kauf von Wertpapieren weiter gelockert. Aber geldpolitische Maßnahmen benötigen Monate, um in die Wirtschaft zu sickern. Und zu allem Überfluss ist das Konjunkturprogramm der Regierung noch nicht verabschiedet. Ministerpräsident Naoto Kan muss es noch von der Regierung durch das von der Opposition beherrschte Oberhaus lavieren. Mal sehen, wann der Yen wieder rollt. 

Sonntag, 10. Oktober 2010

Das Roboter-Manifest, Teil 2: Googles Roboter-Auto und meine Roboter-Timeline

Übers Wochenende haben sich die Meldungen über Roboter-Autos überschlagen. Erst steuert "Leonie" durch Braunschweig, dann das Google-Roboterauto durch Kalifornien
In dem Bild-Artikel geht der Forscher Sebastian Thrun davon aus, dass richtige "Automobile", also wirklich selbst fahrende Wagen, in den kommenden acht Jahren fertig entwickelt werden könnten. 

In meinem Roboter-Manifest auf Technology Review habe ich bereits im Mai eine ähnliche Vorhersage gemacht (die allerdings von den Redakteuren etwas gekürzt wurde.
Hier ist sie in voller Länge:

Das Roboter-Manifest 
2010 Medizinsortierroboter etc werden für Krankenhäuser eingeführt, der Verkauf von Cyberdynes Roboteranzug HAL beginnt ernsthaft. Und Daimler lässt einige fahrerischen Testroutinen seiner Luxuslimousinen durch Roboterfahrer ausführen.

2011 Tokyo Motor Show. Japans Hersteller werden mit einer Reihe marktreifer Mobilitätskonzepte zu überraschen versuchen, die auf Robotertechniken basieren. 
Kleine Ein-Personen-Renner wie Toyotas rasender Sessel ("i-Real") zum Beispiel, der auf Zuruf herbeikommen und beim Ausflug neben anderen Personen herfahren kann. Außerdem: autonome Rollstühle. 
Damit zeichnet sich ab, was sich Ende des Jahrzehnts bestätigen wird: Aus naheliegenden Gründen wird die Autoindustrie neben Fabriken und Pflegeeinrichtungen zur treibenden Kraft der Roboterisierung. 
Die Hersteller haben in den vergangenen 20 Jahren schon so viele Sensoren zur Wahrnehmung der Umwelt in Autos eingebaut, dass der Schritt zum wahren Automobil, dem Auto mit Roboterchauffeur, zwangsläufig ist. Außerdem rücken die ersten Roboter in der Industrie aus ihren Käfigen neben den Menschen ans Fließband oder die Werkbank vor. Noch beliebter ist allerdings die Ausstattung von Werkzeugen/Maschinen mit Robotertechniken.

2012 ist der Meilenstein für Partner- und Pflegeroboter. 
Die Industrie hat sich auf Sicherheitsstandards und versicherungstechnische Regeln für den Einsatz autonomer und halbautonomer Roboter unter Menschen geeinigt. Und prompt kommen die ersten Pflegeroboter in größeren Stückzahlen auf den Markt. Panasonics Roboterbett zum Beispiel, das sich von einem Bett in einen Rollstuhl verwandeln kann und so bettlägerigen Menschen eigenständige Mobilität erlaubt, wird mit unter 10.000 Dollar im Vergleich zu anderen Hightech-Krankenhausbetten gar nicht mal so teuer sein.

Außerdem: Das japanische Forschungsinstitut Riken stellt eine Weiterentwicklung seiner Gedankensteuerung von Rollstühlen vor. Die Fahrer müssen keine Haube mit zahlreichen Kontaktkabeln mehr tragen, eine fesche Baseballkappe mit wenigen Sensoren reicht. Damit eröffnen sich ganz neue Perspektiven für die Mensch-Maschine-Kommunikation. "In fünf Jahren werden wir die Sensoren im Brillenbügel unterbringen können", verspricht ein Forscher.

Bis 2013 dürfte die Roboterindustrie eine wahre Partnerroboterexplosion erleben. Denn durch jahrelange kollektive Forschung auf offenen Entwicklungsplattformen haben die notwendigen Sensor- und Mapping-Techniken endlich ein kommerzielles Niveau erreicht. Diese Form der simplen Helfer ist beliebt, weil Patienten dann für einfache Handreichungen nicht mehr das Pflegepersonal rufen müssen. Merke: Menschen wollen anderen nicht zur Last fallen.

Als Hitprodukte können sich jedoch zwei eher spielerische Anwendungen herausstellen. Da sind zum einen Stofftiere wie Fujitsus freundliche Roboter, denen für komplexe Aufgaben wie Sprach- und Gesichtserkennung durch die schnurlose Verbindung zum Internet die Rechenpower großer Server zur Verfügung steht. Sie sind besonders beliebt bei Kindern und Senioren als Kommunikations- und Vorleseroboter.

Zum anderen bringen Spielzeughersteller halbautonome Roboter auf den Markt, die sich über die Full-Body-Steuerung von Spielekonsolen steuern lassen. Besonders beliebt in Japan könnten dann Wettkämpfe zwischen 50 Zentimetern hohen Gundam-Robotern werden. Ein (koreanischer) Hersteller wird das Spektrum zusätzlich mit der Idee erweitern, über das Internet in weit entfernte rollende Roboter zu "schlüpfen", ohne körperlich vor Ort zu sein.

Der Partyhit 2014: telekontrollierte Roboterhände, die an einer rollbaren Säule angebracht sind. Laut der Werbung sollen die noch recht plumpen und teuren Hände getrennten Liebhabern zum Fernstreicheln dienen. In der Realität werden sie allerdings häufiger in Restaurants und auf Partys als Stimmungskanonen eingesetzt, mit der Gäste andere Gäste mehr oder weniger unsittlich betatschen können. Komischerweise finden die Leute dies weitaus lustiger als Berührungen durch eine richtige Hand. 

Außerdem möglich: Cyborgs! Roboterprothesen kommen immer mehr in Mode, nachdem Cyberdine nicht nur anschnallbare Exoskelette für Beine und Arme entwickelt hat, sondern auch richtigen Bein- und Handersatz. Die Patienten mögen die Prothesen, da sie auf nichtinvasiver Technik beruhen. Sie können Bewegungsintention ihrer Träger über die Haut ablesen und benötigen daher keinen operativen Eingriff.

Für 2015 sage ich auf der Tokyo Motorshow erste Vorschläge für wahre Automobile voraus – kleine Elektroautos mit Roboterchauffeur. Die Idee ist, sie als einfach abrufbare Taxis im Straßenverkehr einzusetzen. Zwei Methoden sind heute schon im Gespräch: einmal das vollautonome Auto, das ohne menschlichen Fahrer auskommt, zum anderen die halbautonome Droschke, die selbsttätig zum Kunden fährt und sich auf Handbetrieb umschalten lässt. "Ich wäre sehr enttäuscht, wenn wir die ersten Modelle nicht bis Ende des Jahrzehnts auf die Straße brächten", sagt der Chef eines japanischen Autobauers. Damit zeichnet sich eine Revolution der Autogesellschaft ab. Immer weniger Menschen werden noch Autos selbst besitzen, weil sie individuelle Automobilität immer und überall parat haben.

2016 ist ein wenig enttäuschend. Es gibt keine Bahn brechenden Neuerungen, vielmehr wird bestehendes verbessert und vor allem verbilligt. Aber es ist wie beim Internet und der digitalen Fotografiererei. Die Entwicklung schreitet langsam in Riesenschritten voran, und ehe wir uns versehen, hat eine Revolution stattgefunden.

Für etwas Aufsehen sorgt die erste Ro-Butler Weltmeisterschaft. Die Diener müssen einen harten Zehnkampf bewältigen: Erkennnung und Ausführung von Sprachbefehlen, Gesichts-, Mimik- und Stimmungserkennung, autonomes Mapping einer neuen Umgebung inklusive Erkennung der Funktion von Geräten und Einrichtungsgegenständen, unter einer Minute Wasser aus dem Kühlschrank holen und servieren, ein Toast toasten und servieren, abdecken, Geschirr in die Spülmaschine räumen, vorlesen, Fähigkeiten der Außenverbindung und Informationsaufbereitung (Display oder Projektor) unter Beweis stellen – und als ultimative Herausforderung Schinken mit Spiegelei zubereiten und heil servieren (das Eigelb muss noch halbweich sein).

2017 überrascht ein chinesischer Hersteller mit der Praxisdemo eines Roboterautos. Das sieht schon sehr gut aus, aber selbst die Chinesen scheuen sich noch, das Gefährt in freier Wildbahn einzusetzen. „Das könnten wir vielleicht in Japan wagen, wo die Fahrer gesittet fahren, hier in China ist der Verkehr noch immer viel zu rabiat und chaotisch“, sagt ein Ingenieur.

2018 ziehen auch die Japaner mit Prototypen nach. 

Die ersten Modelle werden für 2019 versprochen und auch ausgeliefert. Aber sie werden noch nicht so schnell das Straßenbild bestimmen, denn der Ersatz des Taxi und vor allem individuellen Autobestands wird Jahre in Anspruch nehmen. Auf den humanoiden Alleskönner musst du allerdings noch eine Weile warten, sagt das Orakel.